Behäbige Funktionen aka slowly varying function
Reelle Funktionen, die ihren Funktionswert kaum ändern, kann man mit Fug und Recht durchaus behäbig nennen, korrekter wäre aber von langsam variierenden Funktionen zu sprechen
Im Kontext von potenzgesetzlichen Verteilungen kommt der Begriff slowly varying function vor, der Funktionen beschreibt die nur sehr gering auf Änderungen ihres Parameters reagieren.
Die Definition dieser behäbigen besser langsam variierenden Funktionen stammt von Jovan Karamata:
Eine positive stetige Funktion \(L\)1 auf den positiven reelen Zahlen ist langsam variierend (im unendlichen), falls für alle reellen \(t>0\)
\[\lim_{x \to +\infty} \frac{L(t\cdot x)}{L(x)} = 1\]
gilt.
Beispiele:
- Jede konstante Funktionen (\(\neq 0\)) ist langsam variierend.
Beweisskizze: Mit \(L(x) = c\) ist \(L(x) = L(t x) = c\) und damit \(\frac{L(t x)}{L(x)}= 1\).
- Jeder Funktion \(L(x)\) mit einem Grenzwert \(b>0\) ist langsam variierend.
Beweisskizze: Da \(\lim_{x \to +\infty} L(x) = b = \lim_{x \to +\infty} L(t\cdot x)\) ist \(\lim_{x \to +\infty} \frac{L(t\cdot x)}{L(x)} = \frac{\lim_{x \to +\infty} L(t\cdot x)}{\lim_{x \to +\infty} L(x)} = \frac{b}{b} = 1\)
- Für jedes reellwertige \(\beta\) ist \(L(x) = log_\beta(x)\) langsam variierend.
Beweisskizze: Es gilt: - Für jede reelle Zahl \(x>0\) ist \(\log_x(x) = 1\). - Für reelle Zahlen \(a, b\) gilt: \(\frac{log(a)}{\log(b)} = \log_b(a)\) - Für reelle Zahlen \(a, b\) gilt. \(\log(a \cdot b) = log(a) + log(b)\) - Für jede Konstante \(k\) gilt \(\lim_{x \to +\infty} \log_x (k) = 0\) Somit gilt \(\frac{\log_\beta(k \cdot x)}{\log_\beta(x)} = \log_x(k\cdot x) = \log_x(k) + \log_x(x) = \log_x(k) +1 \to 1\) wenn \(x \to +\infty\)
- Die Funktion \(x^\beta\) ist für alle \(\beta \neq 0\) nicht langsam variierend. Beweisskizze: Für \(t \neq 1\) gilt: \[\lim_{x \to +\infty} \frac{(tx)^\beta}{x^\beta} = t^\beta \neq 1\] Damit sind die Funktionen zwar (s.u.) regulär variierend, aber nicht langsam variierend.
Eine regulär variierende Funktion \(L:(0,+\infty) \to (0,+\infty)\) ist eine Funktion für die der Term
\[\lim_{x \to +\infty} \frac{L(t\cdot x)}{L(x)} = g(t)\]
mit \(g(t)\) für alle \(t>0\) einen endlichen aber nicht verschwindenen Wert (m.a.W.: \(g(t) \neq 0\)) hat .
Karamata hat die regulär variierenden Funktionen nun wie folgt charaterisiert:
Charakterisierungssatz von Karamata
Jede regulär variierende Funktion \(f:(0,+\infty) \to (0,+\infty)\) ist von der Form
\[f(x) = x^\beta \cdot L(x),\]
wobei \(\beta \in \mathbf{R}\) eine reelle Zahl und \(L(x)\) eine langsam variiernde Funktion ist.
Eine Konsequenz aus dem Charakterisierungssatz von Karamata ist, das die Funktion \(g(t)\) aus der Definition der regulär variierenden Funktionen notwendigerweise die Gestalt
\[g(t) = t^\rho,\]
mit einem \(\rho \in \mathbf{R}\), haben muss.
Dieser Wert \(\rho\) wird Index der Varition (engl. index of variation) genannt.
Die Katamata Theorie ist eine Theorie “erster Ordnung” für reguläre Variation. Weiterführend gibt es mit der de Haan Theorie als Theorie “zweiter Ordnung”.
Quellen:
\(L\) oder auch \(l\) wird (angeblich) hier für den Begriff lente (serb. für faul) verwendet. Behäbig ist also doch nicht so falsch. ;-)↩︎